Briefing
COVID-19 – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Stabilisierungsfonds
Das Bundeskabinett hat am 23. März 2020 eine Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG) beschlossen und veröffentlicht. Das Gesetz ergänzt weitere zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie bereits eingeführte Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen wie insbesondere die am 22. März 2020 von der Kommission genehmigten und seit dem 23. März 2020 verfügbaren Sonderprogramme der KfW.Im Folgenden geben wir einen Überblick über die aus Unternehmenssicht wesentlichen Aspekte des Entwurfs, beschreiben sodann ausführlich zentrale Aspekte des Gesetzentwurfs, um schließlich erste praktische Überlegungen aus Unternehmenssicht anzuregen.
Da die endgültige Fassung des Gesetzes vom Entwurf abweichen kann, sollte die weitere Entwicklung sorgfältig beobachtet werden. Zudem hat – wie der Entwurf betont – vor Umsetzung noch die Zustimmung der Kommission zur Maßnahme zu erfolgen.
ÜBERBLICK ÜBER DIE AUS UNTERNEHMENSSICHT WESENTLICHEN ASPEKTE
Der Entwurf (WStFG-E) betrifft zwei Bereiche:- Die Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) einschließlich der Regelungen zu Stabilisierungsmaßnahmen und ihren Voraussetzungen, zur Verwaltung des WSF und zu seiner Finanzierung sowie
- befristete Änderungen des Gesellschaftsrechts, die es dem WSF erlauben, Stabilisierungsmaßnahmen rasch umzusetzen.
WESENTLICHE ASPEKTE DES WSF UND MÖGLICHER STABILISIERUNGSMAßNAHMEN
Aus Sicht von Unternehmen, die eine Förderung durch den WSF erwägen, sind insbesondere folgende Aspekte des Entwurfs bedeutsam:- Der WSF soll ein Volumen von insg. rund EUR 600 Mrd. haben. Davon entfallen auf Garantieübernahmen EUR 400 Mrd. und auf Rekapitalisierungsmaßnahmen EUR 100 Mrd. Zudem kann der Bund weitere Kredite in Höhe bis zu EUR 100 Mrd. zur Refinanzierung von Sonderprogrammen der KfW aufnehmen.
- Der WSF soll der Stabilisierung von Unternehmen der Realwirtschaft durch Überwindung von Liquiditätsengpässen und durch Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Kapitalbasis von Unternehmen dienen, deren Bestandsgefährdun erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt hätte.
- Der WSF steht allein Unternehmen der Realwirtschaft zur Verfügung. Unternehmen des Finanzsektors, maßgeblich CRR Kreditinstitute und CRR-Wertpapierfirmen, können keine Förderung beantragen.
- Als mögliche Stabilisierungsmaßnahme des WSF für Unternehmen der Realwirtschaft kommen in Betracht
- Garantien für ab Inkrafttreten des Gesetzes und bis zum 31. Dezember 2021 begebene Schuldtitel und begründete Verbindlichkeiten sowie
- Rekapitalisierungen durch den Erwerb von nachrangigen Schuldtiteln, Hybridanleihen, Genussrechten, stillen Beteiligungen, Wandelanleihen, den Erwerb von Anteilen an Unternehmen und die Übernahme sonstiger Bestandteile des Eigenkapitals von Unternehmen.
- Stabilisierungsmaßnahmen werden nur auf Antrag gewährt, der über das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) einzureichen ist. Das BMWi ist auch für die Verhandlungen über Stabilisierungsmaßnahmen mit den Unternehmen der Realwirtschaft und die Vorbereitung der Anträge zuständig. Nach dem Entwurf kann das BMF im Einvernehmen mit dem BMWi durch Rechtsverordnung in bestimmten Fällen der KfW die Entgegennahme und Bearbeitung von Anträgen übertragen.
- Antragsberechtigt sind solche Unternehmen der Realwirtschaft, die in den letzten beiden bereits bilanziell abgeschlossenen Geschäftsjahren vor dem 1. Januar 2020 mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
- Bilanzsumme von mehr als EUR 43 Mio.;
- Umsatzerlöse von mehr als EUR 50 Mio.;
- Arbeitnehmeranzahl im Jahresdurchschnitt von mehr als 249.
Sofern Unternehmen die genannten Kriterien nicht erfüllen, aber in einem der in § 55 AWV genannten Sektoren tätig (also insbesondere Betreiber einer kritischen Infrastruktur) oder von vergleichbarer Bedeutung für die Sicherheit oder die Wirtschaft sind (sonstige systemrelevante Unternehmen) sind, besteht gleichwohl die Möglichkeit einer Förderung (Öffnungsklausel).
- Ein Rechtsanspruch auf Leistungen des WSF besteht nicht. Entscheidungen über Stabilisierungsmaßnahmen sind nach pflichtgemäßem Ermessen insbesondere unter Berücksichtigung der Bedeutung des Unternehmens für die Wirtschaft Deutschlands, der Dringlichkeit, der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und den Wettbewerb und des Grundsatzes des möglichst sparsamen und wirtschaftlichen Einsatzes der Mittel des WSF zu treffen.
- Geförderte Unternehmen müssen zudem folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten dürfen nicht zur Verfügung stehen.
- Aufgrund der Stabilisierungsmaßnahmen muss eine klare und eigenständige Fortführungsperspektive für das Unternehmen nach Überwindung der COVID-19-Pandemie bestehen.
- Der Liquiditäts- und Kapitalbedarf muss grundsätzlich auf die COVID-19-Pandemie zurückgehen, d.h. die Unternehmen dürfen zum 31. Dezember 2019 nicht die EU-Definition von „Unternehmen in Schwierigkeiten“ erfüllt haben. „Unternehmen in Schwierigkeiten“ sind Unternehmen, die auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher zur Einstellung ihrer Geschäftstätigkeiten gezwungen sein werden, wenn der Staat nicht eingreift (siehe hierzu im Einzelnen noch unten).
- Die Unternehmen müssen die Gewähr für eine solide und umsichtige Geschäftspolitik bieten.
- Sie sollen schließlich einen Beitrag zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur Sicherung von Arbeitsplätzen leisten.
- Geförderte Unternehmen müssen insbesondere bei Rekapitalisierungen mit Einschränkungen insbesondere hinsichtlich der Mittelverwendung, der Vergütung ihrer Organmitglieder sowie der Dividendenausschüttung rechnen.
- Die Durchführung von Stabilisierungsmaßnahmen durch den WSF soll befristet bis zum Jahresende 2021 möglich sein.
ÄNDERUNGEN DES GESELLSCHAFTSRECHTS
Die flankierenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen, welche sich v.a. im WStBG-E finden, sind erkennbar an dem Ziel einer möglichst flexiblen und vor allem schnellen Implementierung der Stabilisierungsmaßnahmen in den Unternehmen ausgerichtet. Sie betreffen insbesondere die folgenden Punkte:- Erleichterung von Kapitalmaßnahmen (insbesondere Kapitalerhöhungen), einschließlich Regelungen zu
- der Erleichterung von Einladungsbestimmungen;
- einer Herabsetzung der Mehrheitserfordernisse und Anfechtungsausschlüsse;
- einem schnelleren Liquiditätsfluss durch Voreinzahlungen;
- besonderen Gestaltungen für Aktienrechte und Rückumwandlungsmöglichkeiten in einfache Stammaktien;
- erleichterten Möglichkeiten eines Kapitalschnitts;
- der erleichterten Schaffung eines genehmigten Kapitals; und
- Schadensersatzpflichten für Akkordstörer;
- Erleichterung der Errichtung stiller Gesellschaften mit dem WSF (oder Dritten) als stillem Gesellschafter;
- Beschleunigung der Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen;
- Erleichterung der Ausgabe von Genussrechten und Schuldverschreibungen an den WSF;
- Begleitende Modifikationen bestehender Regelungen bei Anteilserwerben (z.B. Ausschluss von Informations-, Mitteilungs- und Anzeigepflichten nach BetrVG, KWG und WpHG; Erleichterungen von Übernahmen nach dem WpÜG; kein Erfordernis der Börsenzulassung);
- verschiedene Anpassungen im GmbH-Recht, einschließlich einer Möglichkeit zum Ausschluss von Gesellschaftern gegen Barabfindung.
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COVID-19 Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds
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