Briefing
BMF legt Entwurf des ATAD-Umsetzungsgesetzes vor
Inkraftreten bereits zum 1. Januar 2020 geplant
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am Mittwoch den Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD) veröffentlicht, der weitgehende Änderungen im Bereich des deutschen Steuerrechts für international tätige Unternehmen vorsieht. Die wesentlichen Änderungen und Kernelemente des Entwurfs betreffen die Neutralisierung von hybriden Gestaltungen und die Hinzurechnungsbesteuerung. Daneben enthält der Entwurf u.a. Änderungen im Bereich der Entstrickungsbesteuerung sowie zur Bestimmung und Dokumentation von Verrechnungspreisen.
Insbesondere die erstmalige umfassende Schaffung von Vorschriften zur Neutralisierung von hybriden Gestaltungen und die zwar nicht grundlegende, aber doch weitgehende Überarbeitung der Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung erfordern eine genaue Überprüfung und ggf. Reorganisation bestehender Strukturen bei international tätigen Unternehmensgruppen. Insoweit besteht sehr zeitnah Handlungsbedarf, weil die Änderungen unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses des Gesetzgebungsverfahrens nach dem Gesetzesentwurf bereits ab dem 1. Januar 2020 gelten sollen.
Wesentliche Punkte
Regelung gegen hybride Gestaltungen
Hybride Gestaltungen beruhen auf sog. Qualifikationskonflikten. Ein Qualifikationskonflikt liegt bei hybriden Finanzinstrumenten bspw. vor, wenn eine Zahlung in Deutschland beim Zahlenden als Zins und beim Zahlungsempfänger als Dividende angesehen wird. Dem Betriebsausgabenabzug des Zinses steht dann aufgrund der international verbreiten Steuerbefreiungen für Dividenden keine korrespondierende Besteuerung gegenüber.
Kernstück des Referentenentwurfs ist § 4k EStG-E, der die Vorgaben der ATAD insoweit weitgehend punktgenau umsetzt. Die Vorschrift versagt den Betriebsausgabenabzug in Deutschland, soweit es aufgrund eines Qualifikationskonflikts nicht zu einer entsprechenden Besteuerung der mit den Aufwendungen korrespondierenden Erträgen im Ausland kommt. Die Vorschrift erfasst dabei nicht nur hybride Finanzinstrumente, sondern weitere hybride Gestaltungen. § 4k EStG-E setzt grundsätzlich Leistungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen bzw. zwischen Unternehmen und Betriebsstätte voraus. Die Vorschriften gelten aber auch für sog. strukturierte Gestaltungen zwischen fremden Dritten.
Neben dem Betriebsausgabenabzugsverbot enthält der Entwurf auch sog. defense rules. Danach wird in Ergänzung zu den bereits vorhandenen Vorschriften in Deutschland die Dividendenbefreiung versagt, wenn der betroffene ausländische Staat kein der ATAD vergleichbares Betriebsausgabenabzugsverbot für hybride Gestaltungen anwendet (§ 8b Abs. 1 Satz 3 KStG-E; § 3 Nr. 40 Buchst. d Satz 3 EStG-E). Praktisch können sich die Regelungen insbesondere bei grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen auswirken. Die Änderungen haben zudem erheblichen Dokumentations- und Ermittlungsaufwand zur Folge.
Hinzurechnungsbesteuerung Ziel der Hinzurechungsbesteuerung (international gemeinhin als CFC-Rules bekannt) ist es, der Verlagerungen von passiven Einkünften in das niedrig besteuernde Ausland entgegenzuwirken. Der Referentenentwurf sieht vielfältige Anpassungen dieser seit 1972 bestehenden Regelungen vor; dabei bleiben die bisherigen Strukturen der Hinzurechnungsbesteuerung aber im Kern bestehen (§§ 7 – 14 AStG-E):
- Bisher findet die Hinzurechnungsbesteuerung grundsätzlich Anwendung, wenn unbeschränkt Steuerpflichtige (Inländer) zu mehr als der Hälfte an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt sind. Ob diese Inländer miteinander verbunden sind, ist unerheblich. Künftig soll hingegen eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise unter Berücksichtigung nahestehender Personen Anwendung finden. Bei Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bleibt es dabei, dass die Hinzurechnungsbesteuerung schon ab einer (ggf. mittelbaren) Beteiligung von 1% oder sogar unabhängig von der konkreten Beteiligungshöhe des Inländers anzuwenden sein kann.
- Die Hinzurechnungsbesteuerung wird nach dem Referentenentwurf auf beschränkt Steuerpflichtige erweitert, soweit diese eine Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft über eine deutsche Betriebsstätte halten.
- Bisher galt die Hinzurechnungsbesteuerung nicht für ausländische Gesellschaften im Anwendungsbereich des Investmentsteuergesetzes. Diese Regelung ist entfallen, die Hinzurechnungsbesteuerung kommt nun auch bei Investmentfonds in Betracht. Dies stellt eine der gravierendsten im Referentenentwurf vorgesehene Änderungen dar.
- Voraussetzung der Hinzurechnungsbesteuerung ist, dass die passiven Einkünfte niedrig besteuert werden. Eine niedrige Besteuerung soll weiterhin dann vorliegen, wenn die Einkünfte im Staate der ausländischen Gesellschaft einer Besteuerung von weniger als 25 % unterliegen. Diese Niedrigsteuergrenze wird beibehalten, obschon auch in Deutschland Unternehmen (aufgrund unterschiedlicher Gewerbesteuersätze) ggf. nur einer Ertragsbesteuerung von weniger als 25% unterliegen können.
- Der sog. Aktivkatalog wird im Wesentlichen beibehalten. Dividenden gelten jedoch nicht mehr generell als aktive Einkünfte. Es sind insoweit nun Rückausnahmen zu prüfen.
Weitere Regelungen
Eine den Vorgaben der ATAD vergleichbare Entstrickungsbesteuerung bestand in Deutschland bereits. Sie wird nun durch Vorschriften in Bezug auf die Verstrickung und vereinheitlichte Stundungsregelungen zur Milderung der Entstrickungsbesteuerung ergänzt. Weiterhin wird erstmals eine gesetzliche Bestimmung zu sog. Vorabverständigungsverfahren eingeführt, die bisher allerdings schon auf Grundlage ständiger Verwaltungspraxis möglich waren. Vorabverständigungsverfahren ermöglichen, bei grenzüberschreitenden Beziehungen zwischen nahestehenden Personen Rechtssicherheit im Bereich der Verrechnungspreise herzustellen. Zudem sieht der Referentenentwurf Änderungen der Vorschriften über die Bestimmung und Dokumentation von Verrechnungspreisen vor.
Ausblick und Handlungsempfehlung
Es ist nicht damit zu rechnen, dass der Referentenentwurf im Gesetzgebungsverfahren noch gravierend verändert wird. Der entsprechende Kabinettsbeschluss ist für den 18. Dezember vorgesehen, das Gesetzgebungsverfahren wird dann voraussichtlich im kommenden Jahr abgeschlossen. Die Anwendungsvorschriften sehen unabhängig hiervon vor, dass die neuen Regelungen ab dem 1. Januar 2020 gelten. Es besteht daher zeitnah Handlungsdruck bei international tätigen Unternehmen, ihre bestehenden Strukturen auf die vorgesehenen Änderungen hin zu überprüfen und ggf. anzupassen. Dies gilt im Besonderen im Hinblick auf nun in den Anwendungsbereich der Hinzurechnungsbesteuerung einbezogene Investmentfonds.