News
Freshfields German M&A Report: Weniger Deals, aber höhere Kaufsummen – vor allem in Richtung USA
Die globale Wirtschaftskanzlei Freshfields hat erneut die M&A-Aktivität der 40 DAX- und 50 MDAX-Unternehmen ausgewertet, diesmal im Zeitraum von 2015 bis 2024. Die Studie zeigt, dass die M&A-Landschaft in Deutschland zuletzt von weniger Deals, aber höheren Dealvolumen geprägt war. Den Link zur vollständigen Studie finden Sie hier.
- Gemessen an der Anzahl der Akquisitionen und Unternehmensbeteiligungen waren die M&A-Aktivitäten der DAX- und MDAX-Werte 2024 insgesamt rückläufig im Vergleich zu 2023. Dieser Rückgang der Transaktionszahlen entspricht dem globalen Trend (Rückgang gegenüber 2023 um 13,8 Prozent) und einem Rückgang der Gesamtzahl von Transaktionen in Deutschland um 12,8 Prozent.
- Die 40 DAX-Unternehmen verzeichneten einen Rückgang der Gesamtanzahl um 14 Prozent, von 218 im Jahr 2023 auf 187 im Jahr 2024.
- Die 50 MDAX-Unternehmen verzeichneten im selben Zeitraum einen Rückgang um 21 Prozent, von 68 im Jahr 2023 auf 54 Transaktionen im Jahr 2024.
- Was das Transaktionsvolumen der veröffentlichten Übernahmen und Beteiligungen betrifft, gaben MDAX-Unternehmen im Jahresvergleich 42 Prozent weniger Geld aus: statt 5,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 nur noch 3 Milliarden US-Dollar 2024.
- Bei den DAX-Unternehmen hingegen stieg der Gesamtwert im Jahresvergleich um 118 Prozent, von 18,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf 39,9 Milliarden US-Dollar 2024. Dieser Anstieg ist hauptsächlich auf eine höhere Zahl von Transaktionen im Wert von über eine Milliarde Euro und einen starken Fokus auf anorganisches Wachstum in den USA zurückzuführen.
„Im Vergleich zu einigen der Boomjahre des letzten Jahrzehnts war der M&A-Markt 2024 eher ruhig, und Deutschland bildete da keine Ausnahme“, sagt Dr. Lars Meyer, M&A-Partner und Co-Leiter der globalen Technology, Media & Telecoms Group von Freshfields.
„Hohe Zinsen, vergleichsweise schwierigere Kreditmärkte sowie die geopolitische und gesamtwirtschaftliche Volatilität hatten definitiv einen dämpfenden Effekt auf die Risikobereitschaft von Unternehmen und Finanzinvestoren. Gleichzeitig haben unterschiedliche Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern dazu geführt, dass Übernahmeprozesse auf 2025 verschoben wurden.“
DAX-Unternehmen investieren massiv in die USA
Zwischen 2015 und 2024 war Europa mit 1.078 Transaktionen (36,6 Prozent aller veröffentlichten Übernahmen und Unternehmensbeteiligungen) das wichtigste Ziel außerhalb Deutschlands. Es folgt Nordamerika mit 696 Deals, knapp vor Deutschland mit 630 Deals. Auf diese drei Regionen entfielen insgesamt 81,6 Prozent des gesamten Transaktionsgeschehens.
Allerdings: Gemessen am veröffentlichten Unternehmenswert, lag Nordamerika mit einem Anteil von 48 Prozent am Gesamtvolumen der Transaktionen in den letzten zehn Jahren an der Spitze. Betrachtet man speziell die Transaktionswerte im Jahr 2024, so waren die DAX-Unternehmen die Haupttreiber eines starken Anstiegs der US-Investitionen. Ihre Ausgaben für M&A stiegen dort von 2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf fast 30 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 (wobei zu berücksichtigen ist, dass die drei Top-Deals zwei Drittel davon ausmachten). Gleichzeitig gaben die DAX-Werte weniger Geld für Akquisitionen und Beteiligungen in Europa außerhalb Deutschlands aus.
„Die Zahlen spiegeln Pragmatismus und Vertrauen wider: Europa dominiert in Bezug auf die Anzahl der Deals, unterstützt durch ein günstigeres regulatorisches Klima für Übernahmen innerhalb der Europäischen Union“, sagt Dr. Stephan Waldhausen, Partner und Global Co-Head der Industrial Group. “Die meisten Investitionsgelder fließen jedoch in die USA, wo insbesondere DAX-Unternehmen geeignete Ziele finden, um ihr Geschäft zu transformieren, in der US-Wirtschaft Fuß zu fassen und von niedrigeren Energiekosten zu profitieren. Höhere Hürden für ausländische Direktbeteiligungen sind die Mühe wert.“
Durch ein höheres Maß an regulatorischer Komplexität sind grenzüberschreitende Transaktionen für bestimmte Käufertypen tatsächlich schwieriger, zeitaufwändiger und unsicherer geworden. Sie haben Unternehmen dazu veranlasst, ihre vor Ort- und Nearshore-Aktivitäten zu stärken, um das Risiko von Zöllen und Volatilität zu minimieren und von lokalen Anreizen zu profitieren. Die America-First-Handelspolitik ist ein Beispiel für diesen Trend und für deutsche Unternehmen aufgrund ihres starken Interesses am US-Markt besonders relevant, wie unsere Daten zeigen.
„Die globale Handelslandschaft und das regulatorische Umfeld spiegeln eine breitere, jahrzehntelange Dynamik in Richtung Protektionismus wider. Ein Trend, der auch 2024 anhielt“, erklärt Prof. Dr. Wessel Heukamp, Partner und Co-Leiter der globalen M&A-Praxis. „Ein angemessenes regulatorisches Risikomanagement ist heute ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Fusionen und Übernahmen.“
Fokussierung statt Deindustrialisierung
Mit Blick auf die Zukunft deutet die Freshfields-Studie darauf hin, dass die M&A-Aktivitäten der DAX- und MDAX-Unternehmen im Jahr 2025 wieder anziehen könnten:
- Erstens ist zu erwarten, dass sich die Kreditmärkte im Jahr 2025 weiter erholen, was aufgestaute Möglichkeiten für anorganisches Wachstum und mehr ‚Mega-Deals‘ freisetzen könnte.
- Zweitens führen die strategischen Herausforderungen, mit denen viele deutsche Unternehmen konfrontiert sind, zu einer Konzentration auf ihr Kerngeschäft. Das wird unserer Erwartung nach zu Zukäufen und anderen Portfolioanpassungen wie der Veräußerung von Geschäftseinheiten abseits des Kerngeschäfts.
- Schließlich werden Makrotrends wie künstliche Intelligenz, die anhaltende Neuausrichtung der globalen Handelsbeziehungen und die sich wandelnde Wirtschaftspolitik (insbesondere in den USA) Unternehmen dazu bewegen, sich im Kern weiter und noch dynamischer anzupassen und zu verändern. Diese erhöhte Nachfrage wird voraussichtlich auch durch intensivere Exit- und Buyout-Aktivitäten von Finanzinvestoren im Jahr 2025 gedeckt werden.
„Wir sehen daher keine Deindustrialisierung, sondern eher eine Fokussierung und Fortentwicklung deutschen Unternehmen. Dieser Wandel wird auch 2025 ein wichtiger Treiber für Transaktionen bleiben“, sagt Dr. Uta Itzen, Partnerin und Leiterin der Praxisgruppe Kartellrecht, Wettbewerbsrecht und Handel in Deutschland.